Feuerwehrleute bergen 87-jährigen Mann tot aus einem Brunnen

In Nitzschka bei Wurzen haben Feuerwehrleute einen 87 Jahre alte Mann tot aus seinem Brunnen geborgen. Der Rentner wollte offenbar nach seiner Pumpe schauen.

Wurzen/Nitzschka
Fassungslosigkeit Sonntag Mittag in Nitzschka: Gisela Ullrich hat Tränen in den Augen. Sie kann nicht glauben, dass ihr Nachbar Karl F. tot sein soll. Am Vortag habe sie ihn gegen 16 Uhr am Rollator noch durch den Garten laufen sehen: „Er war damit beschäftigt, die Maulwurfshügel auf seinem Grundstück abzutragen, die Schubkarre steht ja noch da.“
Wie er allerdings in den Brunnen geraten ist – darüber konnte sie nur mutmaßen. „Es muss ein Unglück passiert sein. Wahrscheinlich ist er abgerutscht, als er über die Leiter zwei Meter nach unten steigen und nach der Pumpe schauen wollte.“ Nach dem Tod seiner Frau wohnte der betagte Mann allein auf dem Grundstück. Seine Töchter in Wurzen schauten regelmäßig nach ihrem Vater, zusätzlich wurde der Mann von einem Pflegedienst betreut. Als die zuständige Pflegeschwester am Vormittag routinemäßig vorbei schaute, traf sie Karl F. zunächst nicht an: „Selbst sein Bett war unbenutzt“, sagt Nachbarin Gisela Ullrich. Daraufhin wandte sich die Schwester telefonisch an eine der beiden Töchter. Sie eilte umgehend nach Nitzschka und durchsuchte das Grundstück. Dabei fand sie ihren Vater im Brunnen liegend und alarmierte den Notdienst.
11.33 Uhr heulen die Sirenen. 25 Feuerwehrleute aus Nitzschka und Wurzen setzen sich in Bewegung. „Person in Brunnen gefallen“, lautet die Meldung, die sie empfangen. Wenig später treffen sie mit fünf Autos am Siedlungsweg ein. Zunächst versuchen die Mannen um Einsatzleiter Tim Rasser, über eine Drehleiter zu dem Mann vorzustoßen. Das misslingt, da es auf dem Grundstück dafür zu eng ist. Also bringen die Feuerwehrleute ein Dreibein in Stellung und seilen ihren Kameraden Marcel Hallmann wie an einem Flaschenzug in die Tiefe. Der Feuerwehrmann legt einen Gurt um Karl F. und lässt ihn nach oben hieven. „Der betagte alte Mann war zu keiner Zeit mehr ansprechbar“, sagt Tim Rasser.
Jede Hilfe kam zu spät. Der Nitzschkaer konnte nur noch tot geborgen werden. Feuerwehr, Krankenwagen, Polizei – angesichts des Großeinsatzes im Dorf hielt es auch Kurt Tangelst und seine Frau nicht zu Hause. Die Nachricht, dass Karl F. nicht mehr leben soll, traf beide hart: „Wir laufen oft am Grundstück vorbei und hatten immer ein paar nette Worte mit ihm über’n Gartenzaun gewechselt – so auch am Sonnabend.“ Weil Karl F., der langjährige LPG-Bauer, ein Spaßvogel gewesen sei, habe er ihn gefragt, ob er Maulwürfe jage, erinnert sich Kurt Tangelst. „Diesmal aber war Karl nicht zu Scherzen aufgelegt. Er saß auf seinem Rollator und sagte, er sei müde, habe keine Kraft mehr.“
Für Gisela Ullrich ist es ein schwarzer Sonntag. Sie trauert um ihren Nachbarn: „Er war sehr hilfsbereit, wir hatten uns immer gut verstanden. In der letzten Zeit sah man ihn immer seltener, klar, er hatte körperlich abgebaut. Womöglich lag er sogar die ganze Nacht da unten und keiner hat es bemerkt – ich will gar nicht dran denken.“
Von Haig Latchinian

Mit mehreren Einsatzautos rückten Wurzener und Nitzschkaer Feuerwehrleute an.
Foto: Haig Latchinian

Die Kameraden vor Ort Foto: Haig Latchinian

LVZ Muldental 19. Februar 2018